Neue Wertermittlung durch das Finanzamt
So werden Immobilienübertragungen jetzt teurer
Die Höhe der zu zahlenden Schenkungs- oder Erbschaftsteuer richtet sich nach dem Verkehrswert der Immobilie. Mit Inkrafttreten neuer Regelungen im Jahr 2023 werden die Bewertungen von Immobilien nun wesentlich höher ausfallen, was entsprechend höhere Steuerzahlungen zur Folge haben kann.
Wenn Vermögen ohne Gegenleistung übertragen wird, zum Beispiel bei einer Schenkung oder Erbschaft, kann es sein, dass der Empfänger trotzdem Steuern zahlen muss. In diesem Fall spricht man von Schenkungs- oder Erbschaftssteuer, die an das Finanzamt zu zahlen ist. Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Wert der Schenkung oder Erbschaft, wobei bei Grundstücken der vom Finanzamt ermittelte Verkehrswert maßgeblich ist. Zur Wertermittlung stehen drei Bewertungsverfahren zur Verfügung: das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren, je nach Art der Immobilie und den verfügbaren Daten. Bei den letztgenannten Verfahren haben sich seit Januar 2023 einige Berechnungsansätze geändert, die zu deutlich höheren Immobilienbewertungen führen können.
Wie das Finanzamt den Verkehrswert von Immobilien ermittelt
Die Finanzverwaltung wendet zur Ermittlung des Verkehrswerts von Immobilien drei verschiedene Bewertungsverfahren an: das Vergleichswertverfahren, das Sachwertverfahren und das Ertragswertverfahren. Welches Verfahren angewendet wird, hängt von der Art der Immobilie und den verfügbaren Informationen ab.
1. Vergleichswertverfahren
Das Vergleichswertverfahren wird für verschiedene Arten von Immobilien angewendet, darunter Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser. Dabei werden in der Vergangenheit erzielte Verkaufspreise ähnlicher Immobilien und Grundstücke als Vergleichsmaßstab herangezogen. Dabei werden Kriterien wie Grundstücksgröße, Lage, Baujahr, Wohnfläche und Ausstattung berücksichtigt. Dieses Verfahren gilt als zuverlässige Methode zur Bewertung von Immobilien.
2. Sachwertverfahren
Das Sachwertverfahren berücksichtigt im Wesentlichen den Wert des Gebäudes und des Grundstücks. Es wird angewendet, wenn keine Vergleichs- oder Ertragswerte vorliegen und die Immobilie selbst genutzt wird. Mit Beginn des Jahres 2023 wurde die Sachwertermittlung angepasst. Es wurde eine regionale Komponente eingeführt und die gesetzlich festgelegten Sachwertfaktoren wurden angehoben, sofern der örtliche Gutachterausschuss keine anderen Werte festgelegt hat. Außerdem wurde die Gesamtnutzungsdauer für bestimmte Gebäudetypen von 70 auf 80 Jahre erhöht, was zu höheren Werten führt.
3. Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren stellt auf den Ertrag, die wirtschaftliche Restnutzungsdauer und den Bodenwert ab und wird für renditeorientierte Immobilienarten wie Mehrfamilienhäuser, Geschäftshäuser und Gewerbeimmobilien angewendet.
Ab 2023 wird der pauschale Ansatz der Bewirtschaftungskosten als Prozentsatz der Jahresmiete aufgegeben. Stattdessen werden die Bewirtschaftungskosten nun in Instandhaltungskosten, Verwaltungskosten und Mietausfallwagnis aufgeteilt und auf Basis der Nutzfläche oder des Rohertrags ermittelt. Darüber hinaus wurden die pauschalen gesetzlichen Liegenschaftszinssätze gesenkt, was zu höheren Ergebnissen führt.
Steuern sparen: Die Vorteile von Freibeträgen bei Erbschaften
Bei Schenkungen oder Erbschaften ist es für die Beschenkten wichtig, den Wert zu kennen, da Schenkungs- oder Erbschaftssteuer nur anfällt, wenn das Vermögen den Freibetrag des Beschenkten übersteigt. Die Höhe der Freibeträge hängt vom Verwandtschaftsgrad zum Schenker bzw. Erblasser ab.
Je nach Verwandtschaftsgrad zum Schenker oder Erblasser gibt es unterschiedliche Freibeträge. Für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner gilt ein Freibetrag von 500.000 Euro, für Kinder ein Freibetrag von 400.000 Euro. Für Freunde und unverheiratete Lebenspartner beträgt der Freibetrag nur 20.000 Euro. Bleibt die Immobilie innerhalb der Familie, ist eine komplett steuerfreie Übertragung möglich.
Einspruchsverfahren bei der Wertermittlung
Sachverständige können einen niedrigeren Verkehrswert nachweisen. Niemand ist verpflichtet, die vom Finanzamt festgestellte Bewertung der Immobilie zu akzeptieren. Innerhalb eines Monats nach Erhalt des Feststellungsbescheids kann Einspruch eingelegt und ein Gutachten eines Sachverständigen vorgelegt werden, das einen anderen Verkehrswert ausweist. Als Nachweis für einen niedrigeren Wert gilt auch ein Verkaufspreis, der innerhalb eines Jahres nach Erhalt der Schenkung oder Erbschaft erzielt wurde. Gleiches gilt, wenn die Immobilie innerhalb eines Jahres vor dem Stichtag erworben wurde.
Steuerliche Begünstigung bei der Erbschaftsteuer: Das Familienheim
Wenn es sich um ein Familienheim handelt, können die Erben unter bestimmten Voraussetzungen von der Erbschaftssteuer befreit werden. Die Steuerbefreiung gilt für Eltern, Ehegatten und Kinder. Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sind:
- Der Erblasser muss die Immobilie bis zum Todeszeitpunkt als eigene Wohnung genutzt haben, es sei denn, es gab zwingende Gründe für die Nichtnutzung.
- Die Erben (Kinder oder Lebenspartner) müssen innerhalb von sechs Monaten in die geerbte Immobilie einziehen und diese als Familienwohnheim nutzen.
- Die Wohnfläche darf bei Übertragung auf Kinder maximal 200 Quadratmeter betragen; es gibt jedoch keine Obergrenze, wenn der Lebens- oder Ehepartner erbt.
- Der Erbe muss das Familienheim nach dem Tod des Erblassers mindestens zehn Jahre lang selbst bewohnen. Wenn die Wohnung vor Ablauf dieser Frist aufgegeben wird, fällt die Steuerbefreiung weg.
Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Unser Sachverständiger Herr Hundt wird sie Ihnen gerne beantworten.
Kontaktieren Sie uns, wir beraten Sie gerne.
Gelsenkirchen-Buer Tel. 0209 31000 oder Recklinghausen Tel. 02361 8909010
Weitere Informationen:
Hinweise
In diesem Text wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
Rechtlicher Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine Steuer- oder Rechtsberatung im Einzelfall dar. Bitte lassen Sie die Sachverhalte in Ihrem konkreten Einzelfall von einem Rechtsanwalt und/oder Steuerberater klären.
Foto: ©Stockfotos-MG