Prominent erben – Wie die Vermögensnachfolge auch gelingen kann
Weltbekannte Künstler, Sportler oder Politiker leben und vererben wie andere auch. Manchmal geht ein Nachlass allerdings etwas spektakulärer über, wenn man der Berichterstattung in der Regenbogenpresse Glauben schenken darf. Unabhängig davon, ob die Berichte in den einschlägigen Blättern nun ganz korrekt sind oder nicht – aus Fehlern oder kleinen Fehltritten von Prominenten kann man stets Einiges lernen.
Der am Jahresende 2018 neu erschienene Erbenratgeber „Heute schon geerbt?“, der erstmals als Printausgabe zu haben ist, werden typische Erbschaftskonstellationen anhand prominenter Erbfälle erläutert.
WENN ES ZU ERWARTEN WAR
Nahezu so wie erwartet verlief der Erbfall der früheren Hollywood-Diva Zsa Zsa Gabor, die im Dezember 2016 im Alter von stolzen 99 Jahren entschlummerte. Sie hatte nicht nur ihre einzige Tochter Francesca Hilton, die bereits im Jahre 2015 im Alter von 67 Jahren verstorben war, überlebt, sondern immerhin sieben ihrer insgesamt acht Ehemänner. Ihr Witwer, der deutsche Frederic Prinz von Anhalt, entschied sich schließlich dafür, fast 1000 im Nachlass befindliche Gegenstände, darunter ein Himmelbett, einen Steinway-Flügel sowie diverse Gemälde und Schmuckstücke, meistbietend versteigern zu lassen.
Gleichgültig, ob man darauf vorbereitet ist oder nicht. Die Nachricht, Erbe eines kürzlich verstorbenen Verwandten, Ehegatten bzw. Lebenspartners oder Freundes geworden zu sein, kann täglich jeden von uns mehr oder weniger überraschend treffen. Die Wenigsten wissen jedoch, was konkret zu tun ist, wenn durch eine solche Information plötzlich großer Handlungsbedarf entsteht, um das erhoffte Zusatzvermögen sicher und schnell zu bekommen.
Wie ist es, wenn plötzlich unbekannte Fristen in Lauf gesetzt werden, von deren Existenz Sie – wenn überhaupt – erst nachträglich erfahren und die erhebliche finanzielle Risiken mit sich bringen können? Welche Erkundigungen müssen Sie schnellstens einholen, die die ausschlaggebende Grundlage für den weiteren Umgang mit der angekündigten Erbschaft darstellen? Müssen Sie Erklärungen abgeben? Wenn ja, wem gegenüber und in welcher Form?
DEN „STANDARD“-ERBFALL GIBT ES NICHT
Wie sieht die ultimative Checkliste aus, die mir garantiert, dass kein wesentlicher Aspekt vergessen wird?
Bereits aus dieser kleinen Zusammenstellung ist für jeden normalen Leser ersichtlich, dass sich in aller Regel mehr Fragen stellen, als tatsächlich beantwortet werden können. Um eines vorwegzunehmen: Die „Rundum-Sorglos-Checkliste“, die alles beinhaltet und absolute Rechtssicherheit in jede Richtung garantiert, gibt es (noch) nicht. Ob die Digitalisierung geeignet ist, das zu ändern, darf bezweifelt werden.
Umso wichtiger ist es, für den eigenen Erbfall zu einer Zeit vorzusorgen, in der noch Gelegenheit besteht, einen vorhandenen Gestaltungsspielraum für die eigenen Lebensziele zu nutzen. Erfahrungsgemäß beschränken sich die erforderlichen Überlegungen nicht nur auf den eigenen Lebensbereich des Erblassers, sondern zumindest auch auf die Lebensumstände der engeren Verwandten und ggf. der Personen, die außerhalb der gesetzlichen Erbfolge als Erben oder Vermächtnisnehmer bedacht werden sollen.
Das alles dann über den gesamten Zeitraum bis zum eigenen Ableben akkurat zu überwachen und von Zeit zu Zeit auf juristische und steuerliche Fallstricke hin zu überprüfen, um erforderliche Anpassungen an Testament oder Unternehmensnachfolge vorzunehmen, ist eine weitere stetige Herausforderung. Einzige Alternative: Exakt zum Zeitpunkt des eigenen Todes das Restvermögen bis auf einen kleinen unbedeutenden Rest heruntergefahren zu haben. Das bewusst zu schaffen gelingt allerdings den Wenigsten.
AUF DAS UNERWARTETE VORBEREITET
Die entgegengesetzte Konstellation, also die einer weit vorausschauenden Planung für einen sehr umfangreichen Nachlass, ist jüngst Karl Lagerfeld par excellence gelungen. Dies ist besonders bemerkenswert, war ihm sein Alter bis zu seinem Tode doch angeblich „absolut wurst“, weil er sich „jung so oder so“ gefühlt habe. Wenngleich Lagerfeld Zeit seines Lebens gerne provoziert hat, deutet einiges darauf hin, dass seine ihn inspirierende Katze namens Choupette („die kleine Süße“) ohne ihren „Daddy“ nunmehr etwas ruhiger auftreten wird. Auf ihrem eigenen Instagram-Account @choupettesdiary mit immerhin 268.000 Abonnenten erörtert sie in geschmeidigem Englisch mit ausgewählt eingestreuten französischen Klischees („moi“) auch durchaus erbrechtlich anmutende Themen – wie die Adoption von Tieren – eloquent. Zudem bietet sie dort nicht nur einen Blog und einen Presseservice, sondern auch noch einen „Fan Friday“ an. Bei soviel Umtriebigkeit dürfte so mancher Spitzensportler neidisch werden. Eines ist sicher: Nach deutschem Erbrecht wäre Choupette jedenfalls kein tauglicher Erbe.
Da der nunmehr von uns gegangene Gönner ihr die mindestens sechsstelligen Einkünfte aus einem Buchverkauf („Choupette: Aus dem Leben einer Katze an der Seite von Karl Lagerfeld“) überlassen und den Abschluss von Werbeverträgen zu ihren Gunsten schon vor seinem Tod eingestielt hat, braucht sie sich allerdings auch dann keine Sorgen um ihre finanzielle Ausstattung zu machen, wenn sie bei der Verteilung des Erbes nicht weiter berücksichtigt werden sollte. Von Katzenjammer nach dem Erbfall also keine Spur! Der Modezar hat nach allen Regeln der Kunst für seinen Liebling – und übrigens auch für seine Mitarbeiter – finanziell vorgesorgt.
Demnach darf Karl Lagerfeld wohl als ein (nun nicht mehr lebendes) leuchtendes Beispiel für geschickte und engagierte Nachlassplanung angesehen werden.
ERBEN IST NICHT GRUNDSÄTZLICH SEGEN
Allerdings sorgen die Wenigsten derart umsichtig für Ihre Rechtsnachfolger vor. Um negative Überraschungen zu vermeiden, sollten auch Sie sich daher mit Ihren möglichen Rechten und Pflichten als Erbe auseinandersetzen, bevor ein Erbfall eintritt. Denn wenn Ihr Erblasser nicht Karl Lagerfeld heißt und erst recht nicht in Paris gelebt hat, ist ein genauerer Blick auf das konkret Vererbte in jedem Fall anzuraten.
Schließlich kann der Nachlass überschuldet gewesen sein, wie im Falle des Schlagerbarden Gunter Gabriel, der seinen Kindern mehr als 450.000 Euro Schulden hinterließ.[1] Nur eine Tochter trat das Erbe an, das ihr den Schuldenberg bescherte. Nun muss sie die Gläubiger zwar einerseits bedienen, erhält jedoch andererseits auch rund 50.000 Euro an jährlichen GEMA-Ausschüttungen für die Werke des Verstorbenen. Gelingt es ihr, die ersten Jahre durch Einsatz eigenen Vermögens und geschicktes Vorgehen gegenüber den Gläubigern zu überstehen, hat sie gute Aussichten, nicht nur das Lebenswerk ihres Vaters zu erhalten, sondern zugleich die aufgewendeten Mittel auf Dauer doch wieder hereinzuholen.
Damit Sie als Erbe von solchen Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit Nachlassverbindlichkeiten nach Anfall einer Erbschaft nicht überraschend getroffen werden, sollten Sie Vorkehrungen zur Haftungsbegrenzung und zur Vermeidung von möglichen Haftungsrisiken treffen.
ERBE SEIN VERLANGT KEINE ZUSTIMMUNG
Was vielen Erben nicht bewusst ist: Wenn Sie die Nachricht vom Nachlassgericht erhalten, dass Sie aufgrund eines Testaments oder der gesetzlichen Erbfolge zum Erben bestimmt wurden, ist die Erbschaft bei Ihnen bereits angefallen. Mit anderen Worten: Wenn Sie die Ausschlagungsfrist von lediglich 6 Wochen verstreichen lassen, bleiben Sie das, was Sie durch den Erbfall schon geworden sind: Erbe.
Die durchaus kurze Ausschlagungsfrist gilt es also, effektiv und zügig zur Erlangung der erforderlichen Klärung der Vermögensverhältnisse des Verstorbenen zu nutzen. Denn auch dann, wenn es gelungen ist, vor Ablauf der Ausschlagungsfrist die im Nachlass vorhandenen Risiken vermeintlich erschöpfend zu prüfen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich wesentliche Risiken erst nachträglich – also nach Ablauf der 6-Wochen-Frist – zeigen. Ist in einem solchen Fall eine Anfechtung der Annahme der Erbschaft – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr möglich, stellt sich die Frage, welche weiteren Vorkehrungen zur Absicherung vermögensrechtlicher Risiken Sie als Erbe dann ins Auge fassen sollten.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, gehen die Verbindlichkeiten des Erblassers mit dem Tode auf den Erben über, so dass dieser für die so erworbenen Nachlassverbindlichkeiten einstehen muss (vgl. § 1967 Abs. 1 BGB). Diese Nachlassverbindlichkeiten erschöpfen sich jedoch nicht in den Verbindlichkeiten, die der Erblasser zu Lebzeiten aufgebaut hat („Erblasserschulden“: z.B. Darlehensschulden, Mietschulden, Steuerschulden, Spielschulden oder Schulden aus noch nicht vollständig erfüllten Kauf- oder Leasingverträgen bzgl. eines Pkw oder sonstiger beweglicher Gegenstände), zumal solche Verbindlichkeiten nur in den seltensten Fällen mit dem Tod des Erblassers untergehen (Unterhaltsverpflichtungen des Erblassers gemäß § 1615 Abs. 1 BGB gehen unter; anders bei Unterhaltsverpflichtungen für einen Zeitraum von 30 Tagen nach dem Tod des Erbfalls, sog. Dreißigster, die gemäß § 1969 Abs. 1 BGB bestehen bleiben).
ERBEN HEISST AUCH VERANTWORTUNG
Im Zuge des Erbfalls können durchaus noch weitere Verpflichtungen hinzugekommen sein („Erbfallschulden“). Hier seien nur Verbindlichkeiten aus der anstehenden Erfüllung von Pflichtteilsrechten (diese sind stets in Geld zu erbringen) oder Vermächtnissen sowie Kosten aus dem Begräbnis des Erblassers (vgl. § 1968 BGB) genannt. Das Gesetz sieht in § 1967 Abs. 1 BGB vor, dass für mögliche Verbindlichkeiten, die aus dem übernommenen Nachlass resultieren, nicht nur das Vermögen, das der Erbe vom Erblasser u.U. übernommen hat, sondern auch der Erbe mit seinem eigenen Vermögen einstehen muss. Im ungünstigsten Fall kann es also so sein, dass das vorhandene Vermögen des Erben durch die übernommenen Nachlassverbindlichkeiten nicht nur vollständig aufgezehrt wird, sondern die Nachlassverbindlichkeiten das ererbte Vermögen und sogar das des Erben noch übersteigen.
Dieses enorme Risiko gilt es so frühzeitig wie möglich zu erkennen und eine geeignete Haftungsbegrenzungsstrategie zu entwickeln. Da hilft dem Erben das Gesetz weiter. Der Gesetzgeber sieht nämlich für solche Fälle eine sogenannte Nachlassverwaltung oder als weitere Alternative gar eine Nachlassinsolvenz vor. Bei weitem nicht immer bereitet ein Erbfall den Erben zwangsläufig Probleme.
POSITIVE BEISPIELE SOLLTEN ÜBERWIEGEN
Um abschließend noch ein positives Beispiel für eine sinnvolle Gestaltung der eigenen Vermögensnachfolge zu benennen, rückt Altbundeskanzler Helmut Kohl in den Fokus. Ihm, dem gerade zu Beginn seiner Kanzlerschaft offenbar völlig zu Unrecht unterstellt wurde, nicht über ausreichende strategische Fähigkeiten zu verfügen, ist vor seinem eigenen Erbfall ein entscheidender Schachzug gelungen.
Während in der Öffentlichkeit von den Zwistigkeiten zwischen seiner zweiten Ehefrau und seinen Söhnen aus erster Ehe berichtet wurde, blieben vergleichbare Meldungen in Bezug auf sein Erbe weitgehend aus. Offenbar hat er es geschafft mehr als ein Jahr vor seinem Tod mit seinen beiden Söhnen entsprechende notarielle Pflichtteilsverzichtsverträge abzuschliessen. Dies gestattete ihm zugunsten seiner zweiten Ehefrau – unbeeinträchtigt von dem mächtigen Damoklesschwert erheblicher Pflichtteilsansprüche der Söhne – seinen freien Willen zur Nachlassregelung walten zu lassen.
In Anbetracht der vorherigen Auseinandersetzungen innerhalb der Familie, die sich auch noch unmittelbar nach dem Tod von Helmut Kohl zeigten, mag man sich nicht ausmalen, wie ein zusätzlicher Erbstreit abgelaufen wäre. Dem hat der Einheitskanzler also durch rechtzeitiges und geschicktes Handeln noch einen wirksamen Riegel vorschieben können.
Sie haben eine Immobilien geerbt und benötigen Hilfe? Dann sind Sie bei uns richtig kontaktieren Sie uns, wir beraten Sie gerne. Telefon 0209 31000
Diese und zahlreiche weitere Erbrechtsfragen werden anhand von weiteren Prominentenfällen in dem Buch „Heute schon geerbt?“, das 2018 in 2. völlig neuer Bearbeitung erschienen ist, anschaulich beschrieben.
So können Sie sich Ihr notwendiges Basiswissen in kurzweiliger Art und Weise wohldosiert und punktgenau anlesen und sind anhand der darin enthaltenen Checklisten zugleich für das folgende Gespräch mit dem Rechtsanwalt und/oder Steuerberater vorbereitet, bei dem sie sich dann ohne Weiteres auf das Wesentliche konzentrieren können.
Text: RA/StB Prof. Dr. Joerg Andres, Düsseldorf www.andresrecht.de | Artikel aus der 42. Ausgabe des WohnRaum-Magazins für das Ruhrgebiet