Neues Mietrecht
Schmutz und Lärm werden zugunsten der Energiewende zumutbar
Deutschland ist ein Mieterland. Von den 40 Millionen Wohneinheiten, die hierzulande privat genutzt werden, leben rund 22 Millionen nicht in den eigenen vier Wänden, sondern zahlen regelmäßig Miete an den Eigentümer. Die Tatsache, dass 40 Prozent des Energieverbrauchs in privaten Haushalten anfällt, ist der Bundesregierung Grund genug, das Mietrecht als „wichtigen Baustein der Energiewende“ darzustellen.
Millionen von Mietern müssen sich nun auf die Änderungen im Mietrecht einstellen. Ein positiver Aspekt ist hierbei z.B. auch, dass der Gesetzgeber beim Thema Mietwucher nachgebessert hat. Schwerwiegender ist aber die andere Seite der Medaille, denn vor allem die energetische Sanierung ihrer Wohnungen könnte für Mieter zu einem teureren Vergnügen werden. Nicht nur deshalb warnt der Mieterbund auch vor einer ganzen Reihe von Verschlechterungen für seine Klientel.
MIETWUCHER EIN „WENIG“ EINGESCHRÄNKT?
Die Politik will ihre Wähler natürlich „abholen“. Entsprechend betrifft die wichtigste Änderung im neuen Mietrecht den Kampf gegen den Mietpreiswucher – vor allen Dingen in den Ballungsräumen. Den Bundesländern wird die Möglichkeit gegeben, Mieterhöhungen entweder in ganzen Städten oder auch nur in einzelnen Stadtvierteln stärker zu begrenzen, als es ursprünglich vorgesehen war. Statt um 20 Prozent dürfen die Vermieter ihre Forderungen dann innerhalb von drei Jahren nur noch um maximal 15 Prozent steigern.
Der Deutsche Mieterbund (DMB) kritisiert hier eine aus seiner Sicht besonders prekäre Lücke, nämlich dass das nur für die bereits bestehenden Mietverhältnisse gelten soll, nicht aber in Fällen von Neuvermietungen. Hier wird aus Sicht der Experten also keine Preisspirale ausgebremst, sondern lediglich verzögert. Ein Effekt, der spätestens in der zweiten oder dritten Generation von Mietern eines Hauses oder einer Wohnung gleichbleibend dramatisch zum tragen kommt.
MIETMINDERUNGSRECHT AUCH GEKAPPT?
Doch der Deutsche Mieterbund sieht noch weitere Einschränkungen, die aus seiner Sicht gar nicht unbedingt gewollt in die neue Gesetzgebung eingeflossen sind, sondern sich zum Teil einfach aus dem Kontext ergeben haben. DMB-Direktor Lukas Siebenkotten bringt die Befürchtungen auf den Punkt. „Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Änderungen schaffen das Mietminderungsrecht zeitlich befristet ab und weichen den gesetzlichen Kündigungsschutz auf. Die Rechtsposition der Mieter wird hierdurch ernsthaft geschwächt“, so der Experte.
ENERGETISCHE SANIERUNG
Besonderes Gewicht legt der Gesetzgeber in seiner Novelle auf die „energetischen Modernisierung“. Mit diesen Modernisierungen sind in erster Linie der Einbau von neuen Fenstern und der Austausch von betagten Heizungssystemen auf den neuesten Stand gemeint. In der erweiterten Form geht es hierbei natürlich bis hin zu einer komplett verbesserten Fassadendämmung. Welche Konsequenzen hat dies jedoch für die Mieter? Dem Mieter beschert ein solcher Umbau in der Regel wochenlangen Krach, Dreck und nicht selten eine lange Zeit eine komplett eingerüstete Fassade. In der Vergangenheit wären dies gute Gründe gewesen, die Miete zu mindern. Mit dem neuen Mietrecht werden diese Möglichkeiten eingeschränkt. Eine Minderung aufgrund der Einschränkung der Lebensqualität soll für den Zeitraum von drei Monaten zukünftig nicht mehr möglich sein.
Für den DMB ist auch diese neue Regelung nicht akzeptabel: Die Fachleute verweisen darauf, dass sich nirgendwo im Zivilrecht eine vergleichbare Regelung findet. Nach Meinung der Mietervertretung ist kein Fall bekannt, in dem jemand 100 Prozent des Preises für ein Produkt oder eine Leistung bezahlt, die jeweils – wenn auch nur temporär – nicht auch 100 Prozent dieses gezahlten Wertes entsprechen.
Ein schwacher Trost hierbei: den Mietern bleibt ein Sonderkündigungsrecht zum Ende des übernächsten Monats. Nun gut, aber was ist die Konsequenz hieraus? Vermieter bekommen ein freies Objekt, sanieren steuerbegünstigt darin herum und können es dann – wir erinnern uns – das Ganze mit einer bis zu 20prozentigen Erhöhung wieder vermieten. Ist das alles vom Gesetzgeber zu Ende gedacht?
EIGENBEDARF FÄLLT ZUKÜNFTIG WEG
Sucht man im neuen Mietrecht nach den Vorteilen für die Mieter, findet sich ein kleiner Aspekt, allerdings mit überschaubarer Tragweite. Eine Neuregelung der Eigenbedarfskündigungen schließt diese für den Zeitraum von drei Jahren aus. Hier zeigt sich auch der Mieterbund zufrieden, er sieht „eine Lücke im gesetzlichen Kündigungsschutz“ geschlossen. Wiegt man allerdings alle „Für“ und „Wider“ des neuen Mietrechts ab, liegt das Hauptgewicht sicher nicht zu Gunsten der Mieter. Neues Mietrecht 2013!
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Rechtlicher Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine Steuer- oder Rechtsberatung im Einzelfall dar. Bitte lassen Sie die Sachverhalte in Ihrem konkreten Einzelfall von einem Rechtsanwalt und/oder Steuerberater klären.
Quelle: WohnRaum-Magazin Ausgabe März 2013 – Text: Ralf Robert Hundt – Foto: ©tiberius gracchus